Vogel als Symbol für eine Fluggesellschaft

Akte X

Zarte Sonnenstrahlen erwärmen die wintermüde Haut und Cafés verwandeln triste Trottoirs in eine Mittelmeer-Kulisse. Der Frühling ist angekommen. Eine neue Jahreszeit bricht also an und immer noch keine Antwort. Das hält doch keine Beziehung aus. Sie einfach zu beenden ist unmöglich, denn eine Begegnung steht noch aus. Der heilende Schlussstrich kann erst in ein paar Monaten gezogen werden. Aber wie konnte es überhaupt soweit kommen?

Alles fing mit dem fortwährenden Wunsch an, die Welt zu entdecken. Die Rahmenbedingungen: zu zweit für ein paar Wochen davon fliegen und die Reise bequem starten. Sardinen-Feeling war gestern, das Fliegen darf etwas kosten. Wer würde sich als Partner besser eignen, als eine große deutsche Fluggesellschaft? Ein Rückblick…

 

31. Januar, nach 22 Uhr
Endlich. Zeit, den Flug zu buchen. Natürlich online. Die Website der großen deutschen Fluggesellschaft scheint auf den ersten Blick recht kundenfreundlich. Der Flug ist nicht gerade günstig, aber Premium-Dienstleistungen haben nun mal ihren Preis.

Für den ausgesuchten Flug stehen nur noch fünf Plätze zur Verfügung, es gilt schnell zu handeln. Kleiner Stolperstein: Eine Fußnote weist darauf hin, dass Kreditkartenzahlungen eine Gebühr von 18 Euro nach sich ziehen. Macht nichts, man kann ja kostenlos mit EC-Karte zahlen. Theoretisch, denn auf der Bestätigungs- und Zahlungsseite ist der Eintrag für die EC-Karte zwar vorhanden, eine Angabe der Details kann jedoch nicht vorgenommen werden. Der Stolperstein verdoppelt seine Größe: Die Kreditkartengebühr ist inzwischen auf 36 Euro gestiegen. Es wird pro Fluggast, nicht pro Buchungsvorgang abgerechnet. So viel verlangen noch nicht einmal Billig-Fluggesellschaften. Das mit der EC-Kartenzahlung muss doch funktionieren. Es ist bestimmt nur ein technischer Fehler. Sicher kann der Kundenservice helfen?

Die Dame am Telefon ist äußerst freundlich und reichlich ratlos. Der technische Kundendienst sei nur bis 22 Uhr verfügbar und gerade nach Hause gegangen. Sie selbst kann zum Vorgang keinerlei Auskunft anbieten, man könne den Flug allerdings für eine Gebühr von 20 Euro reservieren. Aber wozu denn? Ich will den Flug und ich will ihn jetzt. Die absurd hohe Gebühr für Kreditkartenzahlungen bekomme ich wieder, denn schließlich kann es sich nur um einen Websitenfehler handeln.

Ich schreibe also schnell eine E-Mail, die den Verlauf meiner Buchung schildert, an den Kundenservice und bitte um die Erstattung der Gebühren. Noch am selben Tag verspricht mir ein IT-System, man habe das Feedback unter einer alphanumerischen Kombination erhalten und würde den Vorgang umgehend bearbeiten.

 

1. Februar, vormittags
Tatsächlich, schon am nächsten Morgen kommt eine weitere E-Mail, mit dem Hinweis, dass man noch einige Informationen zu dem geschilderten Sachverhalt benötige, um umfassend und schnell weiterhelfen zu können. Der Verfasser zeichnet mit Namen und bittet zu Unkosten von 0,14 EUR/Min. aus den deutschen Festnetzen, im Mobilfunkbereich maximal 0,42 EUR/Min, anzurufen. Schade, dass der Kunde einmal wieder Geld abtreten muss, diesmal in Form von Telefongebühren. Macht nichts, ich will ja, dass mir geholfen wird und Beziehungen beruhen auf gegenseitigem Entgegenkommen. Ich rufe die angegebene Telefonnummer an, erkläre mein Anliegen und werde an eine andere Stelle verwiesen. Der technische Kundendienst könne keine Buchungen einsehen. Ich frage mich: Warum hat man mir dann diese Telefonnummer gegeben?

Na, egal. Eine weitere Telefonnummer und meherere Telefoneinheiten später gibt es tatsächlich jemanden, der Auskunft erteilen kann. Ab einem Buchungspreis von mehr als 1.500 Euro gäbe es keine andere Wahl, man müsse die Kreditkartengebühren zahlen, denn andere Zahlungsarten stünden dann nicht zur Verfügung. Irgendwie bin ich verdutzt. Warum haben mich die ersten beiden Kundendienstmitarbeiter nicht darauf hingewiesen?

Der Preis für den gebuchten Flug liegt übrigens bei knapp 1.000 Euro pro Person. Hätte ich die Tickets statt in einem Vorgang, einzeln gebucht, hätte ich mit EC-Karte zahlen können.

 

05. Februar, kurz vor Antreten des Schönheitsschlafs
Irgendwie geht mir das alles nicht aus dem Kopf. Ich ärgere mich über mich selbst und noch mehr über die Fluglinie. Durchstöbert man die Website des Anbieters oder Presseartikel zum Thema, fällt nämlich auf: Der magische Grenzbetrag von 1.500 Euro wird an keiner Stelle erwähnt.

Nachhaltiges und verantwortungsbewusstes unternehmerisches Handeln ist ein integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie, Transparenz scheinbar nicht. Aber das ist nur eine Hypothese, vielleicht irre ich mich ja? Ich will es wissen.

Dem Kunden steht zu Kommunikationszwecken ein anonymes System zur Verfügung, namentlich genannte Ansprechpartner gibt es nur für Journalisten. Mein journalistisches Interesse wurde durch so viel Intransparenz geweckt. Ich mag es konkret und bitte um eine Stellungnahme.

 

16. Februar, nach einem wohlverdienten Abendessen
Der elektronische Briefkasten empfängt eine E-Mail von „reportstest@große deutsche Fluggesellschaft“ mit der Betreffzeile „Your comment has been registered under …“. Wir sprechen jetzt also englisch miteinander? Wer sagt, dass ich das möchte? Es geht in Deutsch weiter, doch die Anrede hat das falsche Geschlecht. Roboter sind wohl nicht in der Lage, Vornamen einem Geschlecht zuzuordnen. Die mechanisch erstellte Nachricht ist inhaltsleer und abweisend. Man bittet, von einer weiteren E-Mail mit dem gleichen Anliegen abzusehen.

 

18. März, als die Hoffnung schwand
Eine Antwort der Fluggesellschaft ist, trotz Versicherung, man möchte meine Anfrage schnellstmöglich bearbeiten, nie eingetroffen.

 

Die Welt zu entdecken, bedeutet eben auch, zu lernen wann allzu einseitige Beziehungen zu Ende gehen. Wenn man nichts als eine mehrstellige elektronische Akte in diversen Systemen eines Unternehmens ist, und der Fall für einen selbst für immer ungelöst bleibt, dann ist es Zeit, Lebwohl zu sagen.

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