Goce Andonoski, der sich mit der Vermarktung der Kunst auskennt

Die Kunst und der tägliche Zwiespalt

Das gängige Klischee eines bildenden Künstlers wird in Filmen häufig wie folgt dargestellt: Ein junger Mensch brennt für die Kunst und schließt sich in einem herunter gekommenen Atelier ein. Dort lässt er seinem kreativen Fluss freien Lauf, bis ihn eine Schaffenskrise erfasst. Genau dann trifft er auf eine zauberhafte Muse und widmet sich erneut der Kunstproduktion zu. Per Zufall entdeckt ein Galerist dieses außerordentliche Talent. Menschen strömen in die Ausstellung und ein wohlhabender Sammler entschließt sich, seiner Sammelwut freien Lauf zu lassen. Der Künstler muss sich endlich nicht mehr jeden Morgen fragen wie er Essen, Miete und Leinwände bezahlen soll. Anerkennung wird zur Selbstverständlichkeit.

Die Realität hält für die meisten von uns leider ganz andere Bilder bereit. Wer nicht vom Schicksal zu Großem auserwählt oder in eine reiche Familie hinein geboren wurde, dem bleibt nur der harte Wettbewerb und ein ewiges Hin und Her zwischen Kunst und Alltag. Aber lassen Sie uns konkret werden. Hier ist meine Geschichte.

Ich habe die Kunst im Alter von sieben Jahren entdeckt. Ich sah die Striche, ich sah die Farbe und fragte mich permanent was sich daraus schaffen lässt. An Ideen hat es mir nie gemangelt. Das ist meine große Stärke. Mit zunehmendem Alter wurde mir jedoch klar: wirkliche Innovationen sterben aus. Und mit einem Michaelangelo und Da Vinci kann ich nicht mithalten. Am Ende des Tages musste ein ordentlicher Beruf her. Also studierte ich, machte einen guten Abschluss und verrichtete meine tägliche Pflicht – jeden Tag zwischen 8 und 18 Uhr. Danach und ab und zu auch dazwischen meldete sich der Künstler in mir und forderte seine Aufmerksamkeit ein. Schließlich gingen wir beide, der alltägliche Mensch und der Künstler, einen unkündbaren Vertrag auf Lebenszeit ein. Während der alltägliche Mensch den Künstler finanziell aushält, revanchiert sich dieser mit Kreativität.

Irgendwann kam der Künstler allerdings auf die Idee, sich der Öffentlichkeit zu stellen. Er flüchtete aus dem Privatleben und teilte sich seinen Mitmenschen mit. Er brauchte eine Plattform. Doch da ein Galerist nicht in Sicht war, musste ich mich selbst in einen verwandeln. Das Gefühl, schizophren zu sein, wurde ich nicht mehr los. Aber wir konnten ja nicht anders.

Als Galerist bin ich nicht nur für die Organisation einer Ausstellung zuständig. Von der eher drögen Materialbeschaffung bis hin zum unaufhörlichen Netzwerken – es fällt sehr viel Arbeit an. Diese Arbeit erledige ich werktags  zwischen 18 und 23 Uhr und am Wochenende. Hinzu kommt ständige Selbstvermarktung. Wie meine Freunde von ‚no goldfish’ mir in der Art eines Mantras immer wieder bestätigen: der Aufbau einer Marke ist langwierig und erfordert Investitionen aller Art.

Also gebe ich mir sehr viel Mühe und werde Tag für Tag zu einer immer wertvolleren Marke. Aber keiner weiß um die Nebenwirkungen. Niemand kennt die Zerrissenheit, die besonders dann groß ist, wenn der Galerist den Künstler vermarkten muss. Wenn ich von meinen eigenen Werken schwärmen und andere von ihnen überzeugen soll. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich schwärme jedes Mal nach Fertigstellung eines Werkes von meiner eigenen Arbeit. Aber letztendlich spricht das Werk für sich. Oder nicht? Nur, wer hört es? In Zeiten der Reizüberflutung gehen doch ausgerechnet meine Werke sicherlich unter? Es sei denn, ein smarter Galerist sorgt dafür, dass sie ein wenig von der Aufmerksamkeit bekommen, die verfügbar ist.

Aber es bleibt dabei. Ich finde, eine gewisse Distanz zwischen Erschaffer und Bewerber ist wichtig. Und das ist wohl der Grund dafür, wieso ich mich bei Vernissagen häufig sagen höre:

„Stellen Sie mir Ihre Fragen direkt, denn der Künstler ist heute Abend leider nicht anwesend“.

Den Künstler und Galeristen erleben Sie übrigens vom 31. Januar 2014 bis 21. Februar 2014 im Prima Center Berlin (PCB) bei der Ausstellung mit dem Titel „Ist Ihnen aufgefallen, wie ich das klassische Porträt zerstört habe?“.

Die Privatperson bleibt dann zu Hause. Und macht sich unter anderem Gedanken darüber, wie sie die neue Website des Künstlers finanziert. Denn www.andonoski.com ist längst nicht mehr auf dem neuesten Stand.

 

Foto: Kate Miller

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