Erinnern Sie sich noch an das monotone Rattern eines Nadeldruckers? Haben Sie jemals einen Filmriss im Kino erlebt? Wenn zwei Menschen sich in ihrer Nähe über Diskettenlaufwerke unterhalten, hören Sie dann genauer hin und lächeln wehmütig? Wenn Sie alle Fragen mit ja beantworten können, dann spricht vieles dafür, dass Sie dem Weltbild einer Zwölfjährigen nach, ein Dinosaurier sind. Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Auch Zwölfjährige kommen einmal in Ihr Alter. Dann werden sie vor sprechenden Kühlschränken stehen, die ihnen jeglichen Zugriff verweigern, weil der Bedarf an Kalorien für den Tag gedeckt ist.
Alles ist nun mal im Fluss. So ist der Lauf der Dinge. Generation für Generation heißt es: früher war alles anders. Dabei war es keinesfalls besser. Aber auch nicht schlechter. Und so viel anders dann eben doch nicht. Das menschliche Grundverhalten hat sich letztlich kaum verändert. Wir tragen Wesenszüge in uns, die bleiben. Eine solche Eigenart ist die Sehnsucht nach dem Gestern. Und genau diesem Thema widmet sich ein Amerikaner namens Brendan Chilcutt. Er hat sich einen besonderen Schnipsel vergangener Zeiten ausgesucht: die Geräuschkulisse.
Im Januar 2012 hat Brandan das Museum der gefährdeten Geräusche gegründet – „Museum of Endangered Sounds“. Dieses Museum hat er ausgerechnet im Internet angesiedelt, dem Medium, das sich selbst ständig erneuert und dessen Version von heute längst nicht mehr so aussieht wie die von gestern. Die Ausstellung beherbergt das Echo elektronischer Geräte und technologischer Errungenschaften. Sie erinnert an Töne, die der Verbraucher einst mit AOL, Nokia und Windows gleich gesetzt hat. Brandan möchte die Geräusche, mit denen er aufgewachsen ist, konservieren. Die langfristige Mission: Bis 2015 sollen alle Ausstellungsstücke als binäre Komposition existieren und in dieser Form für die Nachwelt erhalten bleiben.
Für Musik-Fans, die darüber staunen werden, dass es einmal ein Speichermedium gab, das nur fünf Titel hintereinander abspielen konnte. Eine schwarze Scheibe, die man drehen muss, um mehr hören zu können. Und dabei dieses ständige Kratzen. Sie werden sich wundern, dass die Entwicklung nichts als weitere Störgeräusche hervor brachte: Das mechanische Summen einer Kassette. Und diese CD, die sich endlos im Kreis dreht und mit ihrem Surren von der Musik ablenkt. Seltsam barbarisch werden diese Nebengeräusche erscheinen, wie eine Zumutung jenseits der Perfektion.
Für all diejenigen, denen der große Algorithmus den Film „Poltergeist“ als skurrile Vintage-Unterhaltung vorschlägt. Diese Ahnungslosen werden sich schließlich fragen, was denn dieses Rauschen im Fernseher bedeutet. Denn sie werden weder einen Röhrenfernseher kennen, noch sich vorstellen können, dass es jemals eine Welt ohne das 24/7 Prinzip gab. Schier unbegreiflich wird diese sinnlose Leere wirken.
Für unsere Nachkommen, die mit anderen Geräuschen aufwachsen, und die Welt, wie wir sie erleben, nie kennenlernen werden.