Die Idee ist nicht neu: statt Eigentum zu erwerben, zahlen Menschen eine Gebühr, um etwas vorübergehend zu besitzen. Das machte man so, als Computer noch die Größe eines Einfamilienhauses hatten, das Bildtelefon an der Bereitschaft, Fremde ins unaufgeräumte Wohnzimmer zu lassen, scheiterte, und das macht man noch heute so. Wir mieten Wohnraum, Bücher, Schlittschuhe. Wir mieten Fahrzeuge – für ein paar Wochen, wenn wir auf Reisen sind, oder ein paar Stunden bei DriveNow und Co.
Weil dieser Tage alles einen Namen braucht, der international benutzt werden kann, aber nicht immer verstanden werden muss, sprechen wir bei diesem gesellschaftlichen Phänomen von der „Sharing Economy“. Dieser ist jetzt auch ein Unternehmen beigetreten, das 1949 mit einem handgeklebten Katalog und 28 Paar Schuhen startete: Die Otto Group. Wieso sie ihre Miet-Plattform ausgerechnet „OTTO NOW“ nennt, bleibt ein Geheimnis. Vielleicht dachten die Manager an die Affinität der Zielgruppe zu bayerischen Fahrzeugen (siehe DriveNow). Vielleicht auch nicht.
Die Plattform steht unter dem Motto: „Einfach alles. Einfach mieten.“ Aber wenn man genauer hinguckt, geht es ausschließlich um Technik. Technik, mit der wir unser Leben optimieren können. Für eine Mindestmietzeit zwischen drei und sechs Monaten gibt es Beamer, Drohnen, Kaffeevollautomaten, Topfreezer, E-Bikes, Ergometer – eben das Nötigste, um neben Facebook auch IRL („In Real Life“, also im analogen Leben – nicht etwa in Irland, aber das wussten Sie ja) bestehen zu können.
Ein Erklärvideo, das die übliche Aufmerksamkeitsspanne für bewegte Bilder von einer Minute und vierzig Sekunden bedenkt, verspricht Bequemlichkeit ohne Grenzen. Natürlich: ab sofort! Wir sind es schließlich nicht mehr gewohnt, zu warten. Sparen, bis wir uns etwas leisten können? Das ist so was von gestern.
Außerdem kommen neue Versionen technischer Geräte schneller auf den Markt als ein Chamäleon seine Farbe ändern kann. Und in einer Welt, in der die Produkte so gebaut werden, dass sie sich nach einer bestimmten Zeit selbst das Leben nehmen, erscheinen langfristige Investitionen geradezu lächerlich.
Die Otto Group hat die Zeichen des Wandels verstanden und dient mit einem Geschäftsmodell, das der nächsten Stufe unserer Evolution gerecht wird.
„It ain’t much I’m asking, if you want the truth. Here’s to the future, hear the cry of youth. I want it all. I want it all. I want it all. And I want it now.”
Brian May / Queen, „I want it all”, 1989