Übermäßiger Betätigungsdrang im Frühling unseres Stillstands

„In der Armut ist sie neidisch, im Reichtum wird sie vielleicht zum Snob. Geld ändert nicht die Krankheit, nur die Symptome.”

In dem Roman „Der Winter unseres Missvergnügens“ von John Steinbeck stellt die Hauptfigur Ethan Hawley fest, dass sich ein Charakter in Krisenzeiten nicht ändert. Er offenbart vielmehr unverblümt seine Eigenschaften. Diese Erkenntnis lässt sich mit ein wenig Fantasie auf Marken übertragen. Wollen wir?

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Tierisches Wohl und menschliche Illusionen

Eine Kuh steht auf einer Weide. Eine Kanne Milch schimmert im Sonnenlicht. Saftig grüne Grashalme wehen im Wind. Aus dem Off gießt jemand dynamisch Milch in ein Glas. Die Designer von Milchpackungen beschwören häufig dieselben Bilder herauf in unseren Köpfen. Das ist ihr Job – schließlich erfüllt eine Verpackung viele Funktionen, zu denen die Absatzförderung gehört. Und solch positive Assoziationen verkaufen bestens. Tierisches Wohl und menschliche Illusionen weiterlesen

Nomen est omen

Ein Spaziergänger hat es in Frankfurt am Main nicht immer leicht. Radfahrer rauschen an ihm vorbei wie Bowlingkugeln, die darauf aus sind, alles, was im Weg steht, mitzureißen. Autofahrer besetzen Bürgersteige am liebsten an Engstellen. Als wäre das noch nicht genug, droht man inzwischen im Main zu ertrinken. Verantwortlich dafür sind Geschäftsleute, die den Fluss bewusst ausufern lassen. Sie sitzen im Main Tower, schauen Main TV, gehen ins Maingold Café und werden im Main Hair frisiert. Nomen est omen weiterlesen

Ausflug: DriveNow

1928, als das Unternehmen BMW in den Automobilbau einstieg, waren Autos kostspielig. Die wenigen, die sie fuhren, galten in Augen vieler, die es nicht taten, als exzentrisch. Seitdem veränderte sich Jahrzehnt für Jahrzehnt die wirtschaftliche Lage der Nation und mit ihr die Rolle des Automobils in der Gesellschaft. Aber ob unerschwinglicher Traum, notwendiges Übel, Spielzeug oder Statussymbol – die Grundfunktion des einstigen Wunderwerks auf vier Rädern blieb immer gleich. Ausflug: DriveNow weiterlesen

Das Vermächtnis des unbeugsamen Italieners

Ich hätte nicht gedacht, dass mir so etwas passiert. Aber wer niemals nie sagt, der weiß, dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem das Unwahrscheinliche eintritt. Um einem ins Gedächtnis zu rufen, dass nichts unmöglich ist und alles wahrscheinlich. Ich bin ein wenig traurig. Denn das erste Mal in meinem Leben vermisse eine Marke. Das Verschwinden der YES-Törtchen aus den Regalen fiel mir noch nicht einmal auf. Der Tod von Kodak-Filmen – nicht der Rede wert. Das Vermächtnis des unbeugsamen Italieners weiterlesen

Viel Lärm um nichts?

Manche behaupten, es sei ein Ort voller Eierköpfe, Karteileichen und falscher Identitäten. Anderen bereitet das unausgesprochene Motto „Wer zu viel quasselt, hat nichts zu sagen“, das sich hinter dem Platzangebot von 140 Zeichen versteckt, Unbehagen. Wiederum andere bilden sich lieber selbst eine Meinung, als auf Hörensagen zu vertrauen: 500 Millionen Pioniere wagten bisher den Schritt auf das unbekannte Terrain. Sie legitimierten ihre Neugierde und legten ein Konto an. 215 Millionen von ihnen scheinen überzeugt. Viel Lärm um nichts? weiterlesen

Mitarbeiter machen Marken, wenn man sie lässt

Vor vielen Jahren, als der Begriff „Branding“ häufig noch mit Vieh oder zwielichtigen Gestalten jenseits des Gesetzes in Verbindung gebracht wurde, kannte man die Zusammenhänge schon: Kommt ein Kunde in einen Laden, möchte er begrüßt und bedient werden. Wird er entgegen seiner Erwartung von dem anwesenden Angestellten ignoriert oder gar beleidigt, verlässt er das Geschäft. Sofern er eine Wahl hat, wird er nie wieder kommen und bei jeder Gelegenheit von seiner schlechten Erfahrung berichten. Mitarbeiter machen Marken, wenn man sie lässt weiterlesen

Punktuelle Macht

Aus einer schwachen Lichtquelle entweichen kalte diffuse Strahlen. Immer wieder werden sie von einem Schatten unterbrochen. Mal wiegt er sich nach links, mal nach rechts. Mal steht er ganz still. Ein leises Summen gaukelt Behaglichkeit vor. Abrupt wird es von lauten Worten überdeckt. Genau dann raschelt es. Bewegung kommt in diesen verdunkelten Raum. Einige Köpfe drehen sich synchron zum Licht. Ihre Pupillen versuchen einen Anhaltspunkt zu finden, doch schon bald schließen die Lider jegliche Regung aus. Punktuelle Macht weiterlesen

Ausflug: Escape the City

Schwüle Sommerhitze verklebt die Straßen der Stadt. Ein Gewitter hängt in der Luft, die Abkühlung aber lässt auf sich warten. Mitten zwischen Backstein und Beton schauen drei kleine Mädchen voller Besorgnis in die endlose Tiefe eines Sees. Das Wasser ist klar, doch überall wuchern Pflanzen. Sie versperren die Sicht auf den dunklen Grund. Eine unbekannte Welt, in der Äste und Wurzeln einander umschlingen, weckt Neugierde und Ängste zugleich. Eines der Mädchen, mit einem Bein schon im Wasser, wird von einem anderen gewarnt: „Du kannst da nicht eintauchen. Unter diesem Grün, es ist unendlich, dieses Wasser.“ Ausflug: Escape the City weiterlesen

Geschichte kann man nicht kaufen, einen Apfel schon

Die neue schwarze Jacke hängt stumm über der Stuhllehne. Sie sieht nicht nur toll aus, sie verleiht dem Träger die Aura eines Pop-Stars, ein wenig verrucht, unbedingt „independent“. Zeit endlich das Preisschild loszuwerden. Es erinnert einen sowieso nur daran, dass echte Werte nicht in Zahlen gemessen werden können. Nur ein kleiner Schnitt, das Schild gleitet den Ärmel entlang auf den Tisch, da fängt die Jacke plötzlich an zu sprechen. Die Botschaft, die sie dringend, aber nicht aufdringlich, durch einen Aufdruck vermitteln möchte: „History is made and never bought.“ Geschichte kann man nicht kaufen, einen Apfel schon weiterlesen